1. Platz
querkraft Architekten ZT GmbH in Zusammenarbeit mit Kieran Fraser Landscape Design e.U.
Wien
Übersicht über die abgegebenen Wettbewerbsaufgaben
- Wettbewerbsaufgabe „Ankunftsgebäude“
- Wettbewerbsaufgabe „Appellplatz“
- Wettbewerbsaufgabe „Bauliches Konzept und Freiraumgestaltung“
- Wettbewerbsaufgabe „Raum der Stille“
- Wettbewerbsaufgabe „Semantische Verbindung Gusen – St. Georgen“
- Erläuterungstexte
Mitarbeitende Personen:
- Julia Hosner
- Michael Voit
- Johanna Sieberer
- Catherine Zesch
Mitwirkende Konsulenten:
- Kieran Fraser Landscape Design e.U.
- Sabine Dreher (Liquid Frontiers)
- Peter Sandbichler
- L-Bau-Engineering GmbH
- TB Obkircher OG
- Werkraum Ingenieure ZT GmbH
Jurybewertung
Das Projekt greift die wesentlichen Aspekte des Masterplans zur Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Gusen auf und bietet dafür adäquate architektonische, städtebauliche und landschaftsplanerische Lösungen. Dies betrifft unter anderem die Wegeführung, die Berücksichtigung von Sichtpunkten und Blickachsen sowie die Funktionalität des neuen Ankunftsgebäudes und des „Raums der Stille“.
Die projektspezifischen Empfehlungen der ersten Stufe wurden weitestgehend berücksichtigt.
Baukünstlerische und künstlerische Lösung
Der Entwurf intendiert keine übergeordnete Überformung des Ortes, sondern arbeitet sensibel mit dem Vorhandenen. Das bauliche Konzept und die Freiraumgestaltung zielen darauf ab, auf den Bestand zu reagieren und die historischen Spuren des Ortes durch angemessene Interventionen nachvollziehbar zu machen. Die historischen Fragmente werden über einen Rundgang miteinander in Beziehung gebracht und die Orte durch Blickachsen zu einer „vernetzten Erinnerungslandschaft“ verwoben.
Die archäologischen und baulichen Überreste bleiben unberührt und werden durch einen Weg der Erinnerung, der sich als durchgängig lesbares Band in die Umgebung einfügt, erlebbar gemacht. Eine Betonmauer verläuft entlang der östlich angrenzenden Liegenschaft und bildet eine klare räumliche Grenze und einen wirkungsvollen Sichtschutz zur angrenzenden Gewerbenutzung. Das Material des Betons wurde gewählt, um den Nahebezug zum Memorial Gusen herzustellen und das Engagement der Überlebenden auf diese Weise zu würdigen. Dabei hebt die rote Farbgebung die bauliche Intervention deutlich vom historischen Bestand ab. Der Raum der Stille überzeugt als filigrane Skulptur, die einen fließenden Übergang zwischen Innen- und Außenraum schafft und dabei mit der Natur und den wechselnden Jahreszeiten spielt. Diese Rauminstallation bietet eine eigenständige, innovative Idee, für einen besonderen Ort der Kontemplation.
Städtebauliche Lösung
Die sich durch die Höhenentwicklung entfaltende Dramaturgie ergibt sich schlüssig aus der vorhandenen Topografie und der nötigen Besucherführung. Wichtige Blickbeziehungen werden durch auf und absteigende Wegführungen wirkungsvoll inszeniert.
Das Eingangsgebäude ist gut auffindbar, harmoniert mit der natürlichen Topografie und hebt sich bezüglich der Materialität schlüssig von den SS-Baracken ab. Das Gebäude ist wesentlicher Teil der Wegeführung. Ein Atrium bildet einen Raum für die Sammlung von Gruppen und den Auftakt zum Weg der Erinnerung. In dem langestreckten Gebäude werden die Mitarbeiterparkplätze in der Geländekante integriert. Durch die Begrünung des Daches fügt sich das Gebäude sehr gut in die Landschaft ein.
Die semantische Verbindung nimmt nicht nur Bezug auf die Reste der Schleppbahn, sondern bietet die Möglichkeit, weitere Spuren zwischen den Gedenkorten sichtbar zu machen. Dafür wird aus dem Motiv der Bahnschwellen eine eigene Symbolik entwickelt, die sich zurückhaltend aber dennoch eindeutig im Gelände abzeichnet. In St. Georgen an der Gusen wird die semantische Verbindung folgerichtig fortgeführt und die eigentliche Struktur des Bergkristallstollens am Boden durch ein Wegesystem schlüssig nachgezeichnet. Das Konzept findet die richtige Balance zwischen der Sichtbarmachung der historischen Relikte und prägnanten baulichen Interventionen, die Gusen einerseits zu einem eigenständigen Gedenkort entwickeln und andererseits klare baukünstlerische Bezüge zu den anderen Gedenkorten herstellen.
Funktionelle Lösung
Der Weg in Langenstein I ist in seiner Gesamtheit multifunktional; er bietet Möglichkeiten für eine inhaltliche Bespielung und schafft gute räumliche Situationen. Der witterungsgeschützte Aufenthalt ist zu prüfen.
Das Areal in Langenstein II wird sinnvoll in drei Nutzungszonen gegliedert, in einen funktionalen Mobility Bereich, einen Rückzugsbereich für die Anwohner und dem bereits bestehenden Memorial selbst. Wiederkehrende gestalterische Elemente verbinden die drei Gedenkorte miteinander.
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Zur Nachhaltigkeit wurde in den Plänen und Texten keine Aussage getroffen. Dieses Thema ist im Zuge des Verhandlungsverfahrens zu vertiefen.
Kostenschätzung
Die vorgelegten Schätzkosten sind plausibel und nachvollziehbar. Die Kosten liegen unter dem vorgegebenen Budget. Da die Schätzkosten an der Grenze zur Budgetobergrenze liegen, ist im Zuge des Verhandlungsverfahrens eine vertiefte Kostenprüfung erforderlich.
Realisierungsetappen
Die Realisierungsphasen wurden plausibel dargestellt und halten den vorgegebenen Zeitrahmen ein.